02 April 2019
Lesezeit: 3 min.
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Das TCA-Molekül, der Antrieb für den Wandel

Angesichts seiner 2000-jährigen Geschichte scheint der Korken aus Naturkork unanfechtbar zu sein. Er ist allerdings auch für einen Weinfehler bekannt, der, wenngleich er immer seltener vorkommt, rund 2 % aller Flaschen betrifft(2): der berühmt-berüchtigte „Korkgeschmack“, hervorgerufen durch das TCA-Molekül. Diese Unvollkommenheit wird dem Naturkorken aufgrund seiner Qualitäten jedoch seit jeher verziehen, denn seine Struktur ermöglicht einen subtilen Gasaustausch und damit eine gute Reife des Weines.

Nichtsdestotrotz sind im Laufe der Zeit neue Verschlusslösungen entwickelt worden. Die erste war der Schraubverschluss. Er besteht aus Aluminium und verhindert dank seiner Neutralität und seiner hervorragenden Dichtheit organoleptische Veränderungen. Außerdem ermöglicht er es, Flaschen stehend zu lagern. Seine Luftdichtheit schränkt jedoch den Gasaustausch und damit die Reife des Weines ein. Das gleiche Problem stellt sich auch bei synthetischen Korken aus extrudierten Polymeren (z. B. von Nomacorc). Die Lösungen sind durchaus interessant für jung zu trinkende Weine (Weiß-, Rosé- und rote Primeurweine), erscheinen jedoch für Lagerweine eher weniger geeignet.

Um das Beste dieser verschiedenen Lösungen zu kombinieren, hat die Firma Diam Bouchage, der führende Hersteller von technologischen Korkverschlüssen, ein exklusives patentiertes Verfahren entwickelt. Sie stellt Korkmehl her, welches mithilfe von CO2 unter Druck gereinigt und anschließend zu Korken geformt wird. Die so hergestellten Korken sind damit geschmacksneutral und von den für Geschmacksveränderungen verantwortlichen Molekülen, unter anderem auch TCA, befreit. Eine echte Revolution, die bereits zahlreiche Produzenten überzeugt hat.

 

Korken für jede Art von Wein

Um die Optionen, die den Winzern heute für die Verkorkung ihrer Flaschen zur Auswahl stehen, besser zu verstehen, haben wir den Önologie-Berater Pascal Hénot, Direktor von Enosens Coutras, einem Labor für Analyse und Beratung im Bordelais, nach seiner Meinung gefragt. Ihm zufolge haben die Weinkorken in den vergangenen zwanzig Jahren enorme Fortschritte erzielt und den Korkgeschmack fast zum Verschwinden gebracht. Auch wenn Naturkorken weiterhin die beste Option für große Lagerweine sind, gibt es durchaus interessante Alternativen. Schraubverschlüsse und synthetische oder technologische Korken zeichnen sich durch Geschmacksneutralität, Luftdichtheit und weitaus günstigere Preise als Naturkorken aus. Seiner Meinung nach bieten synthetische Korken ein interessantes Entwicklungspotenzial, da die im Laufe der Reife freigesetzte Sauerstoffmenge kontrolliert und der Verschluss damit an die Reifedauer des Weines angepasst werden kann. Befragt man den Önologen in seiner Rolle als Konsument, so gibt er zu, ein Faible für Schraubverschlüsse zu haben, da sie sich leicht öffnen lassen und die Möglichkeit bieten, die Flasche bei Bedarf auch wieder zu verschließen.

 

Kulturelle Prägung und Weinart

Für Frédéric Lot, Weinjournalist beim französischen Fernsehsender France3, erklärt auch die starke kulturelle Prägung, dass 78 % der Franzosen Korken aus Naturkork bevorzugen(3). Auch in anderen, von der französischen Weinbautradition beeinflussten Ländern ist eine klare Vorliebe zu beobachten: Chinesische und japanische Weinliebhaber bevorzugen zu 78 bzw. 68 Prozent Weine mit Naturkorken(4).

Laut dem Geschäftsführer des Korkenherstellers Aquitaine Millésime Rémi Goethiers überwiegen jedoch in den Weinbaugebieten Europas, die auf die Produktion sortenreiner Weißweine spezialisiert sind, die Schraubverschlüsse. Vor allem ihre Fähigkeit, die Frische und die Aromen der Weine zu wahren, wird von den schweizerischen, deutschen und österreichischen Produzenten geschätzt.

Und auch in Australien und Neuseeland werden für 80 % der Weinflaschen Schraubverschlüsse verwendet(5)ganz einfach aus dem Grund, weil die meisten Winzer vornehmlich fruchtige Weine produzieren.

Die Weinverschlüsse werden immer wieder Anlass zu Debatten und Innovationen in der Weinwelt geben. Das zeigt die jüngste Neuerscheinung auf dem Markt: der Glasstopfen. Dieser elegante und unendlich oft wiederverwendbare Verschluss richtet sich aufgrund seines hohen Preises an hochwertige Premium-Weine. Einige betrachten ihn bereits als die Zukunft der Verkorkung, auch wenn es noch an Erfahrungswerten in Bezug auf seine langfristige Wirkung mangelt.

(1) ein Anteil von 70 % weltweit auf einem rund 1,3 Milliarden Dollar schweren Markt (Amorim-Studie, veröffentlicht auf lefigaro.fr
(2)Agrisur.fr
(3) und (4) CIVB
(5) Lesoir.be

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